Screenreader
#Assistive Technologien
Nur noch ein Klick bis zum Tramticket oder Traumstrand! Nur wo ist der Button? Für viele sind interaktive Webseiten keine Freude, sondern Frust. Sie können sie nicht bedienen, weil der Screenreader die Webseite nicht lesen kann. Genau hier kommt ARIA ins Spiel – ein Standard, der Elemente moderner Webseiten für alle zugänglich macht.
Philipp Bremer, 25. September 2025
WAI-ARIA steht für Web Accessibility Initiative – Accessible Rich Internet Applications. Das WAI (Web Accessibility Initiative) ist eine Initiative des World Wide Web Consortium (W3C), die sich der Barrierefreiheit im Web widmet. Die Richtlinien von WAI-ARIA machen aus unverständlichen Codezeilen klare Ansagen für Screenreader und andere technische Hilfen, so dass die Webseiten einfach zu nutzen und für alle zugänglich sind.
WAI-ARIA – kurz: ARIA – ist heute der internationale Standard für barrierefreie Webseiten und Grundlage für gesetzliche Regelungen. Die vollständige Dokumentation und alle technischen Details findest du auf der offiziellen W3C WAI-ARIA Seite.
Man muss sich ARIA wie einen Übersetzer zwischen komplexen Webseiten und assistiven Technologien vorstellen. Es macht aus unverständlichen Codezeilen klare Ansagen für Screenreader und andere technische Hilfen.
Du willst wissen, wie barrierefrei deine aktuelle Webseite ist?
Anfang der 2000er Jahre veränderte sich das Internet grundlegend. Aus statischen HTML-Seiten wurden Rich Internet Applications (RIA) – moderne, interaktive Webseiten, die sich wie echte Programme verhalten. Der Zoom auf Google Maps, die komplexen Formulare im Online-Banking oder interaktive Komponenten wie Accordions (ausklappbare Bereiche) und Tabs (Registerkarten).
Diese neuen, interaktiven Webseiten machten zwar vieles möglich, doch nicht für alle: Screenreader konnten die neuen Seiten nicht verstehen, Menschen mit Sehbeeinträchtigungen diese nicht nutzen.
Traditionelle HTML-Elemente wie <button>
oder <input>
waren für assistive Technologien klar verständlich. Aber was passiert, wenn Entwickler:innen mit JavaScript komplexe Widgets bauen?
Das Problem: Screenreader konnten nicht verstehen, was bei interaktiven Elementen passierte. Wenn ein:e Screenreader-Nutzer:in auf ein selbstgebautes Accordion klickte und es sich öffnete, geschah das nur visuell. Der Screenreader sagte nichts dazu – Personen mit Sehbeeinträchtigungen wussten somit nicht, ob und was sich geändert hatte.
Ohne WAI-ARIA konnten Menschen, die auf Screenreader angewiesen waren oder keine Maus bedienen konnten, die Webseiten nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzen.
Am 20. März 2014 veröffentlichte das World Wide Web Consortium (W3C) den offiziellen Standard WAI-ARIA 1.0. Ein Meilenstein. Endlich gab es eine barrierefreie Lösung für moderne Webseiten.
ARIA funktioniert wie ein intelligenter Übersetzer. Es fügt Informationen zum HTML-Code hinzu, die assistive Technologien verstehen und an ihre Nutzer:innen weitergeben können.
1. Roles (Rollen): Was ist das für ein Element?
role="button"
→ “Das ist ein Button”role="navigation"
→ “Das ist eine Navigation”role="dialog"
→ “Das ist ein Dialog-Fenster”Properties (Eigenschaften): Wie ist das Element beschaffen?
aria-label="Menü schliessen"
→ Gibt einem Element einen Namenaria-describedby="hilfetext"
→ Verknüpft zusätzliche BeschreibungenStates (Zustände): Was passiert gerade mit dem Element?
aria-expanded="false"
→ Element ist eingeklapptaria-checked="true"
→ Checkbox ist angehaktWichtig zu wissen: ARIA verändert das visuelle Erscheinungsbild deiner Webseite nicht. Es liefert assistiven Technologien die Information für eine korrekte und vollständige Darstellung der Webseiten. Es verfälscht also nicht, es korrigiert.
aria-label: Gibt Elementen einen verständlichen Namen
<button aria-label="Menü öffnen">☰</button>
Screenreader sagt: “Menü öffnen, Schaltfläche”
aria-expanded: Zeigt an, ob etwas ausgeklappt ist
<button aria-expanded="false">Mehr Infos</button>
So hört sich aria-expanded an:
aria-expanded="false"
: Screenreader sagt “Mehr Infos, Schaltfläche, eingeklappt”aria-expanded="true"
: Screenreader sagt “Mehr Infos, Schaltfläche, ausgeklappt”Wenn sich der Zustand ändert, wird das sofort angekündigt!
aria-required: Markiert Pflichtfelder
<input aria-required="true" aria-label="E-Mail-Adresse">
aria-invalid: Zeigt Fehler an
<input aria-invalid="true" aria-describedby="email-fehler">
aria-live: Für dynamische Inhalte
aria-live="polite"
→ Screenreader wartet mit der Ansage, bis die Person eine Pause macht (z.B. für Statusmeldungen)aria-live="assertive"
→ Screenreader unterbricht sofort alles andere und liest die Änderung vor (z.B. für kritische Fehlermeldungen)aria-controls: Zeigt, was ein Element steuert
<button aria-controls="mobile-menu" aria-expanded="false">
aria-describedby: Verknüpft zusätzliche Beschreibungen
<input aria-describedby="passwort-hilfe">
<div id="passwort-hilfe">Mindestens 8 Zeichen</div>
Brauchst du Unterstützung bei der Umsetzung?
Mit uns kannst du eine barrierefreie Webseite erstellen, die für alle zugänglich ist!
In der Schweiz sind rund 400’000 Menschen von Sehverlust betroffen oder bedroht – für sie ist ARIA oft der einzige Weg, moderne Webseiten selbständig zu nutzen. Sie profitieren am meisten von ARIA.
Screenreader-Nutzer:innen hören dank ARIA:
ARIA macht deine Webseite erst richtig und für alle bedienbar. Dadurch erreichst du eine wichtige Zielgruppe, die ohne eine barrierefreie Umsetzung ausgeschlossen wäre. Das bedeutet: mehr potenzielle Kund:innen, zufriedenere Nutzer:innen und ein Zeichen für gesellschaftliche Verantwortung.
Barrierefreiheit wird immer wichtiger. Wer heute schon ARIA verwendet, ist für kommende Gesetze und Standards gerüstet. ARIA macht Webseiten nicht nur barrierefrei, sondern auch benutzerfreundlicher für alle.
Bereit für die barrierefreie Website?
ARIA ist mehr als nur ein technischer Standard – es ist der Schlüssel zu einem Internet, das wirklich für alle ist. Von den Anfangstagen der Rich Internet Applications bis heute hat sich ARIA zum unverzichtbaren Werkzeug für barrierefreie Webentwicklung entwickelt und ist seither unverzichtbarr für die gesellschaftliche Teilhabe der 400’000 von Sehbinderungen betroffenen Menschen in der Schweiz.
Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband: “Digitale Barrierefreiheit: Warum unsere Website so aussieht”
World Wide Web Consortium: “WAI-ARIA Overview”
World Wide Web Consortium: “Introduction APG”
Mozilla Developer Network: “ARIA: aria-expanded attribute”
Accessibility Developer Guide: “Marking elements expandable using aria-expanded“
Philipp Bremer ist WordPress-Spezialist und Barrierefreiheits-Enthusiast in Zürich. Mit seiner Leidenschaft für inklusive Webentwicklung hilft er Unternehmen, NGOs und Einzelpersonen dabei, Websites zu schaffen, die wirklich für alle Menschen zugänglich sind.
Wir glauben, dass da für jeden was dabei ist:
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